Die Erkenntnis des Tages: an vielen Stellen ist die Grenze zwischen Lothringen und dem Saarland „verschwunden“. Dies hat verschiedene Gründe. Etliche Landwirte haben Grundstücke auf beiden Seiten der Grenze. Deshalb ist die Grenze oftmals nicht mehr sichtbar. In früheren Zeiten durften die Landwirte einen Meter bis zur Grenzlinie für den Durchgang der Zollbeamten nicht bepflanzen. Dies ist heute wahrscheinlich anders. Etliche Grenzabschnitte liegen in völlig unzugänglichen Hecken- und Gestrüppgürteln, durchkommen nur mit Machete. Einige Grenzabschnitte verlaufen durch Bachbette oder Sumpfgürtel. Bis gespannt wie es in den nächsten Tagen in der Bistaue sein wird.

Auch der zwölfte Tag meiner Grenzreise beginnt mit Enttäuschung. Die Grenzlinie verläuft mitten durch ein Rapsfeld. Die Sendeanlage von Europa 1 ist komplett eingezäunt. Ich muss meinen Plan ändern. Am frühen Sonntagmorgen herrscht fast kein Autoverkehr zwischen dem lothringischen Villing und dem saarländischen Ittersdorf. Wir laufen etwa 450 Meter auf der Rue de la Frontiére und nehmen dann den Feldwirtschaftsweg nach rechts, gleichzeitig auch die Trasse des Saarland Radweges. Die Radtrasse führt mitten durchs Gelände der Sendeanlage, links und rechts die jeweiligen Zaunanlagen.
Es dauert eine Weile bis wir die Anlage hinter uns haben. Dann orientiere ich mich Richtung Oranna-Kapelle. Die Kapelle beherbergt die Gebeine der Heiligen Oranna, Schutzheilige des Saargaus und des benachbarten Lothringens. Von der Kapelle geht es dann über eine geteerte Fahrstraße nach oben zum Europadenkmal. Das Denkmal erinnert an die großen Europäer Robert Schumann, Konrad Adenauer und Alcide de Gaspari. Von der Plattform des Europadenkmals bietet sich ein grandioser Blick ins Saartal.

Vom Europadenkmal geht’s bergab durch die Orannastraße und später, wenn wir scharf rechts in den Kaltbornweg abzweigen geht es weit ins Tal zu einem Waldparkplatz. Dort wollen wir morgen aufs Neue unsere Grenzlinienfährte aufnehmen.