Bebilderte Lesung am 19. April 2018 im Trauntal
Beginn 19:00 Uhr im Abentheuerer Haus
Während meiner fast dreimonatigen Wanderung durch den Hunsrück, hat mir mein Freund Gerhard Hänsel das Trauntal auf ganz besondere Weise näher gebracht. Gerhard ist in Brücken geboren, dort aufgewachsen und lebt noch heute dort. Das Trauntal ist seine HEIMAT. Hier kennt er sich aus wie kaum ein anderer.
Gerhard liebt seine Heimat. Rund um Brücken streift er seit seiner Kindheit durch den Wald, kennt verschwiegene Ecken, die ihm sein Großvater gezeigt hatte, kennt Wege die heute kaum noch einer geht.
Auf seiner Homepage www.hochwaldzeiten.de veröffentlicht Gerhard fast täglich seine neusten Fotos und Erlebnisse im Hunsrück und der Nationalparkregion. Er ist Landschaftsschwärmer, Naturliebhaber und immer mit offenen Augen und Ohren unterwegs. Ihm entgeht nichts. Er weiß, wo man hinschauen muss. Er ist nicht nur zertifizierter Natur- und Landschaftsführer, sondern auch
Nationalparkführer und Naturfotograf.
Kaum haben wir die ersten Schritte gemacht, ist er auch schon in seinem Element. Es ist Hauptsaison für Naturfotografen, die sich für die Welt der Schmetterlinge und Falter interessieren. Ich erfahre, während wir nur langsam vorankommen, dass jeder Falter nur zu einer bestimmten Zeit schlüpft. Einige der gaukelnden Falter hat er in diesem Jahr noch nicht gesehen. Er springt hinter fast jedem Schmetterling her oder schleicht sich auf leisen Sohlen mit seiner Kamera an, ist enttäuscht, wenn er dem Falter zu nahe kommt und dieser sich eilig davonmacht. Ich werde Zeuge seiner spannenden Schmetterlings-Foto-Safari. Gerhard kennt jeden noch so kleinen Falter oder Schmetterling, der uns begegnet. An diesem Morgen höre ich Schmetterlingsnamen, die ich zuvor niemals gehört habe: Hier ist der kleine Schillerfalter oder Schornsteinfeger, dort ein Waldbrettspiel auf einer Blüte, hier taucht ein Schachbrettfalter ins Wiesengras, dort segelt ein Lilagoldener Feuerfalter davon und wenig später begegnen wir einem Kaisermantel, gefolgt von einem Wegerich-Scheckenfalter.
Wir laufen rechts der Traun. Von März bis Mai verströmen hier Seidelbaststräucher mit ihren zarten, rosafarbenen Blüten einen intensiven Duft. Gerhard kennt jeden Standort. Zwischen den unzähligen Schnappschüssen, die er an diesem Morgen macht, erfahre ich Interessantes aus seiner näheren Umgebung:
Heimatkunde, wie ich sie liebe. An einigen Uferbereichen tritt zusammengefaltetes Schiefergestein zu Tage. Für diesen Teil des Hunsrücks, wo überwiegend Quarzit vorherrscht, ist das ungewöhnlich: „Als ich mit meinem Großvater vor Jahrzehnten hier unterwegs war“, so Gerhard, „haben wir in der Traun Forellen mit der Hand gefangen. Die Wiesen waren übersät mit Narzissen, Arnika und Orchideen“, erzählt er freudestrahlend – und schon ist er dem nächsten Falter auf der Spur.
Nachdem wir das Trauntal verlassen haben, sehen wir nur noch hie und da einen Falter. Für Gerhard bedeutet es: Fotopause. Gleichzeitig führt er mich in unbekanntes Terrain. Irgendwann biegen wir ab in ein Dickicht. Wir steigen in unwegsamem Gelände nach oben. Einsamkeit und Stille in völliger Abgeschiedenheit um uns herum. Nur Gerhard weiß ganz genau, wo wir uns befinden.
Oben erreichen wir neben dicken Quarzitblöcken eine Bank, die schon dastand, als Gerhards Opa noch mit ihm durch die Wälder streifte. Wir schauen, staunen und sind glücklich, solche Augenblicke erleben zu dürfen.
Wenig später sind wir unterwegs zum Beilstein. Emma, meine Beaglehündin, spurtet permanent vor uns her, springt über Felsen, pirscht sich durchs Unterholz und klettert über steile Felspassagen. Es entsteht ein einzigartiges Foto von Emma auf dem Weg
nach oben. Kurz vor dem Gipfel des Beilsteins sind Treppenstufen in den Fels geschlagen. Gerhard erklärt: „Während des Krieges 1870/71 waren auf der Abentheurer Hütte ein Offizier und zehn Mann zur Kontrolle der Munitionslieferungen stationiert. Um die freie Zeit auszufüllen, ließ der Offizier von seinen Männern Treppenstufen vom Minnafels zum Beilfels schlagen.“ Damals sicherlich eine beschwerliche Arbeit, wir nutzen die Stufen, um trittsicher nach oben zu gelangen. Der Beilfels ist die mittlere Erhebung eines Quarzitzuges zwischen Krummkehrfelsen und Minnafelsen. Am Beilfels bietet sich ein umwerfender Blick. Wir sitzen schweigend auf den Felsen und sind angetan vom Panorama der Heimat Hunsrück. Emma liegt im Schatten des Quarzitmassivs und träumt von leckeren Pausenbroten.
Als wir am Nachmittag Brücken erreichen, werde ich in die Geheimnisse dieses Hunsrückdorfes am Traunbach eingeführt.
Wer die Traumschleife „Trauntal Höhenweg“ im Traumschleifenland erwandern will, erkennt über dem großen Eingangsportal zur Traumschleife oberhalb der Sägemühle das rot-weiße, schachbrettähnliche Wappen derer von Sponheim. Der Traunbach war die natürliche Grenze zwischen den Hunolsteinern und den Sponheimern.
Leicht abschüssig gelangt man rasch zum Uferweg entlang des Traunbachs, im Oberlauf auch Thranenbach genannt. Der Bach entspringt im Thranenbruch, westlich von Hüttgeswasen und mündet nach fast 20 Kilometern bei Neubrücke in die Nahe.
Wenige Kilometer von der Quelle entfernt liegt die Ortschaft Thranenweiher. Die Nibelungensage soll sich teilweise im Hunsrück abgespielt haben. Hagen von Tronje könnte aus der Gegend von Dhronecken bei Talfang stammen. Der Name von Thranenweiher rührt daher, dass Kriemhild, nachdem Siegfried durch Hagen von Tronje bei einem Jagdausflug ermordet worden war, bittere Tränen vergoss, und förderhin der Ort als „Tränenweiher“ bezeichnet wurde.
Bevor das Bachtal verlassen wird, überquert man einen Holzsteg zwischen harten Quarzitfelsbrocken und dem Wasser. Daran schließt sich das ehemalige Eisenhüttenwehr an. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich ein Teil der historischen Eisenhütte. Mit der Kraft des Wassers wurden die Mühlräder des Hammerwerkes angetrieben.
Bereits im 15. Jahrhundert wurde im Trauntal Eisen verhüttet. 1763 ging die Hütte von Abentheuer in den Besitz der aus dem Hunsrück stammenden Unternehmerfamilie Stumm über. Ferdinand von Stumm gründete auch das Eisenwerk in Neunkirchen im Saarland.
Seit einiger Zeit haben sich zehn Gemeinden in der Arbeitsgemeinschaft Trauntal zusammengeschlossen: Achtelsbach, Abentheuer, Börfink, Buhlenberg, Brücken, Dambach, Ellweiler, Hoppstädten-Weihersbach, Meckenbach und Rinzenberg. In Kooperation mit Nachbarregionen, sollen Projekte entwickelt und umgesetzt werden. Ziel ist es, eine nachhaltige regionale Entwicklung anzustoßen.
Die gemeinsam entwickelten Projekte sollen die Naherholungsqualität der Einwohner steigern sowie den Tourismus ausbauen. Maßnahmen, die den Tourismus fördern, begünstigen auch die Ortsentwicklung sowie Naherholung und Wohnqualität der Einwohner. Naturnahe und naturverträgliche Erholung, gemeindeübergreifende Entwicklung der Dörfer, umweltgerechte Landnutzung und Umweltbildungsangebote für alle Generationen sind einige der Themen, die von der Arbeitsgemeinschaft Trauntal in Angriff genommen werden.
Trauntal – da muss man einfach Mal hin! (Fotos: Gerhard Hänsel und Günter Schmitt)