Windgeschwindigkeiten von 80 – 120 km rasen über die Höhen – 163. Tag

Es klappert die Mühle am rauschenden Bach

Seebachschleife – Bayerisch Eisenstein / 30.08.2010 / 163. Tag

Michael Körner hat tolle Arbeit geleistet. Auf seinem Internet-Seite „Der Fernwanderer“ berichtet er mit wunderbaren Bildern von Emma über unsere gemeinsamen Tage auf dem Goldsteig. Auch bei Youtube hat er Bilder eingestellt. Ich glaube, Emma wird noch zum Wanderhund des Jahres. Lieber Michael, herzlichen Dank für deine Unterstützung und die professionelle Betreuung auf dem Goldsteig.

Um 5.40 Uhr klingelt mein Handy. Thomas Müller, Bürgermeister von Bayerisch Eisenstein ist am Telefon. Um 7.30 Uhr kommt zum Frühstück in Seebachschleife. Seine Gemeinde mit 1060 Einwohnern liegt unmittelbar an der deutsch-tschechischen Grenze.

Bayerisch Eisenstein besteht zu 93% aus Wald und ist das Tor zum Nationalpark Bayerischer Wald. Der grenzüberschreitende Park hat einen Waldanteil von 98% und ist mit 98.000 Hektar das größte zusammenhängende Waldgebiet Europas. „Wenn Europa ein Körper wäre“, sagt Thomas Müller „befänden wir uns jetzt in der Lunge. Mehr Sauerstoff geht nicht“. Am Rande des Nationalparks ist inzwischen ein Trauerwald eingerichtet worden, ebenso ein Wildnis-Standesamt. Wenn ich auf meinem Weg durch den Nationalpark die Augen aufhalte, werde ich hier die älteste Tanne Europas bestaunen können. Ich bin gespannt.

Nach dem Frühstück entdecke ich im Flur des Waldhotels ein schwarzes Stahl-Relief der Stadt Völklingen. Es ist kaum zu glauben, der Pensionärsverein der ehemaligen Völklinger Hütte hat hier vor Jahren Urlaub gemacht.

Von Seebachschleife nach Bayerisch Eisenstein verläuft der Goldsteig direkt an der Regen. Die Regengüsse der letzten Nacht haben sie gewaltig ansteigen lassen. „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach“, kommt mir in den Sinn. Vier Kilometer wandere ich mit Emma entlang der Regen, auf vier Kilometern wird das Wort vom rauschenden Bach Realität.

Kurz vor Bayerisch Eisenstein kommt uns ein schwarzer Hund entgegengelaufen. Emma ist total begeistert von ihm und die beiden jagen sich gegenseitig durchs nasse Gras. Herrchen des Hundes ist Stefan Zitzelsberger, Zollbeamter und Chef der Kontrolleinheit Verkehrswege in Zwiesel. Wir kommen ins Gespräch und ich erzähle ihm wo ich losgegangen bin. „Die Völklinger Hütte kenne ich“, sagt er lächelnd, „meine Schwägerin Ulla kommt aus Völklingen. Sie hat früher dort im Kirchenwäldchen gewohnt und wird heute zum ersten Mal Großmutter“. „Übrigens“, so erzählt er mir abschließend, „sie ist eine geborene Schmitt“.

Tobias Rankl

Als wir den Grenzbahnhof in Bayerisch Eisenstein erreichen, regnet es schon wieder. Mitten durch den Bahnhof verläuft die tschechisch-deutsche Grenze. Das Eingangportal wird von beiden Ländern gemeinsam genutzt. Die Grenzlinie ist auf dem Bahnsteig markiert. Mit Emma ziehe ich mich in die Innenräume des Bahnhofs zurück. Es ist richtig kalt geworden im Bayerischen Wald. Starker Wind reißt die ersten Äste von den mächtigen Bäumen am Bahnhof.

Die aktuellen Wettermeldungen verheißen nichts Gutes. Der Wind wird zum Sturm und in den Lagen über 1000 Meter herrschen Windgeschwindigkeiten zwischen 80 und 120 km/h. Ich entschließe mich das Falkensteinhaus auf 1315 Meter Höhe heute nicht mit Emma anzulaufen. Tobias Rankl, Ranger im Nationalpark, rät mir ebenfalls ab. Meine und Emmas Gesundheit sind wichtiger als der Aufstieg in eiskalte Höhen. In Buchenau finden wir in der Pension „Zur alten Dampfsäge“ ein Zimmer. Dort werden wir morgen einen Ruhetag einlegen und dann hoffentlich am Mittwoch den Aufstieg zum Großen Rachel (1452 m) in Angriff nehmen können. Ich danke den vielen guten Geister im Hintergrund, die mir und Emma heute geholfen haben, uns auf unserem Weg rund um Deutschland nicht in Gefahr zu begeben.

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