An Wäg ischt doo zum goo. Gang – 211. Tag

Patrick aus Kaiserslautern wandert nach Rom

Wolfurt – Lindau / 17.10.2010 / 211. Tag

Leis Burchia

An der Brücke über die Bregenzerach zwischen Wolfurt und Kennelbach bin ich heute mit Leis Burchia verabredet. Sie kommt pünktlich mit dem Bus zum verabredeten Zeitpunkt an. Leis verfolgt meine Wanderung seit langem im Internet und wollte unbedingt wissen, mit welcher Schrittfrequenz ich meine täglichen Touren durchziehe.

Leis ist in Diepholdsau am Rhein aufgewachsen. Als Kind hat sie unmittelbar an der Grenze gespielt. Die Grenze war allgegenwärtig, gehörte einfach zum Leben dazu.

Wir wandern an der Bregenzerach Richtung Bodensee. Nach kurzer Zeit seltsame Bodenwellen im Flussbett. Eine Tafel am Wegesrand verrät, dass es sich bei diesem Naturdenkmal um eine versteinerte Meeresküste handelt. Vor über 20 Millionen Jahren entstand dieses Gestein im Meer. Ein Fluss spülte den Sand ans Meer, Gezeiten und Wellen transportierten ihn weiter. Der tägliche Wechsel von Ebbe und Flut ließ die Sandwellen wandern. Während der Eiszeit formten Gletscher das Rheintal. Heute frisst sich das Wasser der Bregenzerach durchs Gestein. Ein faszinierendes Bild.

Mit Patrick aus Kaiserslautern

Kurz vor der Mündung der Bregenzerach in den Bodensee begegnet uns ein junger Mann mit Schubkarre. Die Wollmütze tief ins Gesicht gezogen, in einer gelben, ärmellosen Jacke mit reflektierenden weißen Streifen, einer orangeroten Hose und Waldarbeiterunfallschuhen, scheint er sein gesamtes Hab und Gut vor sich her zu schieben. Als wir näher kommen, erkenne ich die Jakobsmuschel, das Zeichen der Jakobspilger . Ich frage nach seinem Weg. „Ich laafe no Rom“, die prompte Anwort. „An Weinachde bin isch do“, so Patrick weiter. Patrick kommt aus Kaiserslautern. In seinem Schubkarren liegt die 28 Kilo schwere Mischlingshündin Kiro. Die 12jährige Hündin ist nicht mehr so gut zu Fuß, lacht Patrick. Aber ich wollte sie unbedingt mitnehmen. Über Kiro hat er eine Überdachung angebracht. Darauf hat er sein Gepäck untergebracht. Am rechten Griff der Schubkarre hat Patrick einen Fahrradbremsgriff installiert mit Verbindung zum Laufrad. Wenn es bergab geht kann er damit besser bremsen.

Vor dem nahenden Winter und seinem Trip über die Alpen hat er keine Bange, ein bisschen Gottvertrauen, lacht er beim Abschied, dann wird es schon klappen. Dann packt er mit beiden Händen kräftig zu und zieht mit Kiro weiter Richtung Berge.

Den Bodensee sehen wir erst unmittelbar an der Mündung der Bregenzerach in den See. Eine frische Brise schlägt uns von Osten entgegen. Die Berge um den See bleiben verschwunden. Nebel und tief liegende Regenwolken haben sich vermischt. Wir haben Glück an diesem Sonntagmorgen, es wird trocken bleiben bis Lindau.

Es wird eine kurzweilige Wanderung bis dorthin, denn Leis erzählt von ihren Wanderungen in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland. Manchmal zieht sie einen geraden Strich auf der Landkarte von A nach B und versucht dann die beiden Orte zu Fuß miteinander zu verbinden.

Viele Lokale am Seeufer haben geschlossen. Wir wandern ohne Pause über Bregenz und Lochau bis Lindau. Nach fünf Stunden haben wir uns ein Stück Kuchen und einen heißen Kaffee verdient.

Am Abend besucht mich Litwina Boso aus Bludenz. Wir kennen uns seit vielen Jahren von einem Mundartsymposion, haben uns allerdings seit etlichen Jahren nicht mehr gesehen. Litwina liebt ihre Heimat und ihren Dialekt. Sie ist eine Meisterin der Verknappung. Von ihr stammt mein Leitsatz zur Wanderung: „An Wäg ischt doo zum goo. Gang!“ Nun gehe ich meinen Weg seit 4545 Kilometer. In wenigen Wochen wird sich der Kreis schließen.

 

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