Auf dem Goldsteig von Marktredwitz nach Passau – 150. Tag

Regen peitscht uns ins Gesicht

Marktredwitz – Marktredwitzer Haus / 17.08.2010 / 150. Tag

Regen peitscht mir ins Gesicht. Emma schaut mit ihren braunen Augen zu mir auf, als wolle sie mir sagen, dass man bei diesem Wetter doch keinen Hund nach draußen schickt. Wir stehen am denkmalgeschützten Gerberhaus am Rande der Stadt. Hier ist das Vereinshaus des Fichtelgebirgsverein e.V. untergebracht. Hier beginnt der Goldsteig. Am Einstieg zwei Hinweisschilder: Passau, nördliche Route 420 Kilometer, Passau südliche Route 396 Kilometer. Ich entscheide mich für die nördliche Kammroute, da sie näher an der Grenze verläuft. Noch einmal überprüfe ich ob alles regensicher verstaut ist, dann wandern wir los. Emmas Schwanz hängt ziemlich tief, und mit Mütze und Kapuze überm Kopf, sehe ich auch nicht besonders wanderfreudig aus.

Der Goldsteig verdankt seinen Namen verschiedenen „Goldfaktoren“. Im Mittelalter führte die so genannte Goldene Straße als bedeutender Handelsweg von Nürnberg nach Prag. Die Goldenen Steige waren Salzsäumerpfade auf denen das „weiße Gold“ von der Donau nach Böhmen transportiert wurde. Im Oberpfälzer Wald und im Bayrischen Wald sind zahlreiche Goldminen dokumentiert. Die Goldsteig Käsereien Bayerwald GmbH führt ihren Namen seit 1992. Sie wird von 5000 Goldsteig-Milchbauern des Bayrischen Waldes beliefert. Von den bäuerlichen Betrieben wird der größte Beitrag für die Pflege der Kulturlandschaft geleistet. Der Name Goldsteig ist eine Verbindung von Geschichte, wunderbarer Landschaft und Wandergenuss.

Rudolf Schimmel

Zu Beginn des heutigen Tages durchwandern wir einen Teil der grenzenlosen Gartenschau, die 2006 in Marktredwitz und im tschechischen Cheb an der Eger stattfand. Die erste Etappe des Goldsteigs führt nach Friedenfels. Dort wollen wir am Abend übernachten.

Während unserer gesamten Tour regnet es ununterbrochen. Nur in den kurzen Waldpassagen bleiben wir einigermaßen verschont. Die bewaldeten Hügel um uns herum versinken in Nebel und Regenschwaden. Wir kommen viel langsamer voran als geplant. Der tiefe, matschige Boden lässt kein flottes Tempo zu, die nassen Wurzeln sind äußerst glitschig. Irgendwann bin ich unaufmerksam und rutsche auf einer der Wurzeln aus. Mit meinen 15 Kilogramm Gepäck auf dem Rücken haut es mich hin.

Der Regen will einfach nicht aufhören. Als wir höher steigen kommt noch starker Wind zum Regen dazu. Aus dem Wind werden Sturmböen. Die Bäume biegen sich gewaltig. Es wird immer ungemütlicher. Im Marktredwitzer Haus, direkt am Steig, auf 780 ü.d.M. wollen wir uns bei einer Mittagsrast aufwärmen.

Gemeinsam mit Rudolf Schimel – er mit dem Auto, ich und Emma zu Fuß – kommen wir dort an. Während unserer Mittagsrast sitzen wir zusammen am Tisch. Rudolf ist begeisterter Wanderer und Radfahrer. Er stammt aus der Gegend, wohnt aber schon seit vielen Jahren in Flörsheim bei Frankfurt. Der gebürtige Oberpfälzer studierte Maschinenbau. Im Hüttenwerk im luxemburgischen Esch hat er eine Sinteranlage in der Hochofenanlage gebaut. Wenn er nach Flörsheim zurückfuhr, ist er meistens an der Völklinger Hütte vorbeigefahren. Er kann sich somit genau vorstellen, wo ich am 20. März zu meiner Deutschlandumrundung gestartet bin.

Bei heißem Tee und einer heißen Suppe erzählt er mir, dass man im Marktredwitzer Haus, das dem Fichtelgebirgsverein gehört, auch übernachten kann. Mein Entschluss steht sofort fest: Emma und ich werden wir dieses Haus heute nicht mehr verlassen. Nach 11 Kilometern endet meine erste Etappe früher als geplant.

Es regnet und stürmt den ganzen Nachmittag weiter. Marek Novak, der die Herberge gemeinsam mit seiner Frau bewirtschaftet macht Feuer im Kachelofen. Dort kann ich meine Schuhe und Kleider an den warmen Kacheln trocknen. Emma kuschelt sich in eine warme Ecke und während meiner Tagebuchaufzeichnungen sitze ich mit meinem Rücken am warmen Ofen und trinke heißen Tee. Früher war Sommer mal anders.

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