Dem Zoigl auf der Spur – 153 Tag

Seinen Weg gehen mit guten Gedanken

Neuhaus – Letzau/Oberhöll / 20.08.2010 / 153. Tag

Manfred Tischler

Dem Zoigl auf der Spur: Zoigl ist ein untergäriges Bier, das nach althergebrachter Weise gebraut wird. In der offenen Sudpfanne über einem Holzfeuer wird die Maische, ein Gemisch aus Wasser und Gerstenmalz, zuerst gekocht, dann gehopft und so als „Würze“ noch einmal erhitzt. Dieser Sud kommt nun in großen Behältern in den Keller, wo dann die Hefe ihre Arbeit verrichtet. Nach etwa zehn Tagen Gärungszeit wird das Zoiglbier in Fässer abgefüllt, in denen es noch mehrere Wochen ausreifen muss. Obwohl immer das gleiche Brauverfahren angewendet wird, schmeckt jeder Zoigl anders. Jeder Brauer hat sein eigenes Rezept, nach dem das Verhältnis der Zutaten bestimmt wird.

Das Zoiglbraurecht geht in Neuhaus auf das Jahr 1415 zurück. Damals erhielten alle Hausbesitzer das recht, selbst zu brauen und auszuschenken. Das Braurecht bleibt bis in die heutige Zeit mit Haus und Grundstück verbunden. Gebraut wird der Zoigl in den Kommunbrauhäusern. Diese Häuser werden von den „brauenden Bürgern“ finanziert und erhalten. Dafür zahlt jedes Mitglied dieses vereinsähnlichen Zusammenschlusses das so genannte „Kesselgeld“, eine Art Mitgliedsbeitrag.

Wenn an einem Haus der Zoiglstern außen an der Hausmauer oder über der Tür aushängt weiß Jedermann, hier gibt es Zoigl. Außerdem eine deftige Brotzeit und dazu eine urgemütliche Atmosphäre. Der Stern dient einerseits als Zeichen des Bieres und des Brauhandwerks, andererseits auch als ein Wegweiser und Anzeiger: Hier wird frisches Zoiglbier gezapft und getrunken.

Alle diese Informationen erhalte ich von Angelika, der jungen Restaurantfachfrau im Hotel-Gasthof „Zum Waldnaabtal“ in Neuhaus, die geduldig und mit viel Fachwissen meine Fragen beantwortet. Inzwischen gibt es im Internet auch einen Zoiglkalender des Oberpfälzer Waldes in dem die Schanktermine der einzelnen Zoiglwirte aufgeführt sind.

Mir schmeckten gestern Abend drei Gläser dieses wunderbaren Gerstensaftes. Anschließend überfiel mich eine unsagbare Müdigkeit.

Der Goldsteig führt auf meiner vierten Etappe über 22 Kilometer von Neuhaus nach Letzau-Oberhöll. Nur wenige Kilometer hinter Neuhaus erinnert ein schlichtes Holzkreuz unter der Autobahnbrücke an Lore. „Zum Andenken an Lore – Deine Schüler und Kollegen“, steht auf dem Kreuz. Lore beschäftigt mich auf meinem Weg entlang der Waldnaab nach Neustadt. Was muss passiert sein, dass Lore den Freitod mit einem Sprung von der Autobahnbrücke gewählt hat. War es wirklich die unumstößliche, letzte Möglichkeit. Was kann einen Menschen dazu treiben den Tod als einzigen Ausweg zu sehen? Ich werde keine Antwort darauf erhalten, denn ich habe Lore nie gekannt.

In Neustadt verlasse ich mit Emma das Waldnaabtal. Wir müssen quer durch die Kreisstadt. Hektik und Lärm der Stadt lassen wir schnell hinter uns. Dort wo der Bockl-Radweg in Neustadt den Goldsteig kreuzt, betreibt Manfred Tischler einen Imbiss mit Biergarten. Freunde nennen ihn Fredl. Der begeisterte Radler hatte vor Jahren zunächst eine Radwerkstatt eröffnet, später kam der Imbiss hinzu. Am Arm trägt er Tatoos der Maoris in Neuseeland. Dort verbringt er in jedem Winter drei Monate. Neuseeland ist für ihn das schönste Land der Welt, dort will er später einmal leben, schwärmt er mir vor. Wir stehen lange an seinem Imbiss und erzählen uns von unseren Plänen und von den Wegen, die wir gehen und bereits gegangen sind. Mit einem kräftigen Händedruck und einem „Gott schütze dich“ verabschieden wir uns.

Neustadt verlassen wir auf der Höhe am Kloster St. Felix mit einem traumhaften Blick über sonnige Bergkuppen in den Oberpfälzer Wald. Im Schaukasten am Kloster St. Felix lese ich zum Thema „Zur Ruhe kommen – Seinen Weg gehen“ einen Spruch, der genau zu meinen Empfindungen passt:

„seinen weg
gehen
mit
guten gedanken
schritt für schritt
bewusst
etwas positives
im herzen bewegen
ausschreiten
auf was auch immer zu
voller
vertrauen“

Einige Anstiege müssen wir in den Wäldern zwischen Wichenreuth, Theisseil und dem Fischerberg erklimmen. Dazwischen kurze Gespräche mit einem Hundebesitzer, einem Pilzsammler und einer Spaziergängerin, die mir den rechten Weg zeigt. Am frühen Nachmittag erreichen wir unser Tagesziel Letzau/Oberhöll. Morgen ist Ruhetag.

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