Ein schmissiger Jodler mitten auf der Hauptstraße – 141. Tag

Talsperre Rauschenbach

Besuch beim größten Holznussknacker der Welt

Deutschgeorgenthal – Rübenau / 08.08.2010 / 141. Tag

Kein Regen und ganz viel Sonne. Ein perfekter Wandertag. Spiegelglatt liegt das Wasser der Talsperre Rauschenbach in Deutschgeorgenthal vor mir. Die Regengüsse der letzten Tage scheint es nicht gegeben zu haben. Im Wald begegnen mir die ersten Pilzsammler.

In Neuhausen besuche ich das Erste Nussknackermuseum Europas. Der größte funktionierende Holznussknacker der Welt am Eingang, steht im Guinnessbuch der Rekorde. Eine Aufschrift informiert: „Ich bin der Größte pneumatisch betriebene Nussknacker. Für meine Größe von 5,87 m wurden durch meine Erbauer, über 1185 Stunden, 46 kg Leim, 30 kg Lack, 3,8 Quadratmeter Fichtenholz, und vier Schaffelle benötigt. Mein Gesamtgewicht beträgt 1028 kg.“ Im Innenhof des Museums wartet bereits der nächste Nussknacker auf seinen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde. Er ist über 10 Meter hoch und wiegt über 3200 kg.

Mit Emma am Schwartenberg

Familie Löschner hat auf dem Gelände der ehemaligen Stuhlfabrik eine eindrucksvolle Sammlung von über 5000 Nussknackern aus aller Welt gesammelt und ausgestellt. Mein Modell, das ich vor einigen Jahren im Schwarzwald gekauft habe und zu Hause benutze, finde ich allerdings nicht.

Hinter Neuhausen geht’s bergauf zum Schwartenberg (787 m). Der Rundumblick am Gipfelkreuz überwältigend. Die gesamte Wegstrecke des heutigen Tages ist von hier oben auszumachen. Die Talsperre Rauschenbach auf der einen Seite, der Kurort Seiffen, direkt unter uns, und Luftlinie 13 Kilometer entfernt Rübenau, unser heutiges Ziel. Selbst der Fichtelberg, mit 1214 Metern der höchste Berg im Erzgebirge, ist gut zu erkennen. In wenigen Tagen werde ich von Oberwiesenthal aus die Bergspitze erklimmen.

Seiffen steht an diesem Wochenende ganz im Zeichen des Radsports. Der Erzgebirgs-Moutainbike-Marathon hat Radsportfans aus ganz Deutschland in die Spielzeugmetropole des Erzgebirges gelockt. Die Stimme des Reporters im Stadion tönt bis zum Aussichtspunkt des Schwartenbergs. Ich steige mit Emma nach unten und durchstreife die Hauptstraße von Seiffen. In den vielen Läden, die auch am Sonntag geöffnet haben, stehen Kitsch und Kunst nah beieinander. Vor allem in den Wochen vor Weihnachten herrscht hier das geordnete Chaos. Seiffen gilt als die Hochburg der traditionellen Erzgebirgskunst.

Über die Wegtrassen des E3 und dem Weg der deutschen Wiedervereinigung wandern wir hinter Seiffen durch ein ausgedehntes Waldgebiet nach Oberneuschönberg. Anschließend kommen wir über Grünthal und Rothenthal unserem Tagesziel immer näher.

In Rübenau mit Günter Buschmann

Als ich in Rübenau nach dem Einstieg des Weges für den nächsten Tag suche, begegnet mir Günter Buschmann mit den Worten: „Suchen sie jemanden?“ „Nicht jemanden“, antworte ich ihm, „ich suche eine Wegmarkierung“. Wir kommen ins Gespräch. Günter Buschmann wurde 1939 in Bayern geboren. Sein Vater stammt allerdings aus Rübenau. Seine Wanderjahre als Schlosser brachten Günter Buschmann ins pfälzische Zweibrücken. Auch auf den saarländischen Hüttenanlagen in Völklingen, Neunkirchen und Dillingen war Günter Buschmann im Einsatz. Als er 1963 im November mit seinem Renault R4 nach Rübenau zu seiner Frau fuhr, hatte er nicht damit gerechnet für 27 Jahre „eingesperrt“ in der DDR leben zu müssen. Er wurde, wie er mir erzählt, zum „politischen Tiefflieger“, verweigerte den Militärdienst und ging niemals zur Wahl. Aber: „die DDR hatte auch ihre guten Seiten, der Zusammenhalt unter den Christen war sehr intensiv“. Zum Abschied, völlig unerwartet, mitten im Erzgebirge in Rübenau auf der Straße ein schmissiger Jodler aus der Kehle eines Bayern. Nach einem kräftigen Händeschütteln winken wir uns noch lange hinterher.

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