Kulturlandschaft Museum Grenzerfahrung – 168. Tag

Über den Goldenen Steig durch Leopoldsreuth

Mitterfirmiansreut – Haidmühle / 04.09.2010 / 168. Tag

Die Geschichte der Wanderung von Mittfirmiansreut nach Haidmühle wäre schnell erzählt, hätte sich nicht Besuch angekündigt. Christa, die beste Freundin meiner Frau, hatte sich von Anbeginn meiner Deutschlandumrundung entschlossen, mich ein Wochenende auf meinem Weg mit Emma zu begleiten. Gestern kam sie spät im Hotel an, heute will sie nun mit mir auf Tour. Achtundzwanzig Kilometer müssen bewältig werden. Für Christa wird die Tour zur Tortur.

Auf dem Weg zum Haidel (1166 m) plagt sich Christa bereits mit Druckstellen am Schienbein, zunächst das rechte Bein, dann das linke Bein. Jeder Schritt wird bereits nach wenigen Kilometern zur Qual. Die Wanderschuhe hat sie sich von ihrer Tochter Flo ausgeliehen. Flo hatte mich zu Beginn meiner Wanderung vom Saarland nach Trier begleitet.

Auf 1100 Meter Höhe passieren wir das ehemalige Dorf Leopoldsreut das zu Beginn des 30jährigen Krieges gegründet wurde. Lediglich die Kapelle St. Nepumuk und das Gebäude der ehemaligen Dorfschule sind erhalten geblieben. Leopoldsreut ist ein Schwerpunkt im Kulturlandschaft Museum Grenzerfahrung.

Christa versorgt ihre Druckstellen

Die Menschen in Leopoldsreuth, lebten unter härtesten Bedingungen. Die Winter waren hart und lang, und auch im Sommer blies ein eisiger Wind vom Böhmerwald über den Kamm. Heute führt der Wanderweg über die ehemalige Dorfstraße, die zum berühmten „Goldenen Steig“ gehörte, auf dem das Salz von Passau nach Böhmen gelangte. Nur 300 Jahre hatte das Dorf Bestand. 1962 verließ der letzte Einwohner seine Heimat.

Der Rundumblick vom 35 Meter hohen Aussichtsturm auf dem Bergrücken des Haidel ist der Höhepunkt der heutigen Wanderung. Die Wanderstrecke der letzten Tage kann ich zurückverfolgen, der Rachel ist gut auszumachen. Auch die gesamte Wanderstrecke des heutigen Tages kann ich verfolgen. Der Blick weit nach Süden bis Passau und zur Alpenkette. Von Westen ziehen dunkle Wolken auf. Wir verlassen den Haidel, bevor uns der Regen erwischt.

Für Christa beginnt nun ein Willenskampf. Wir haben noch etliche Kilometer zu wandern. Das anfangs fröhliche Lächeln auf ihrem Gesicht ist verschwunden. Auf den Waldbänken und an der Wallfahrtskapelle in Kohlstattbrunn gönne ich ihr jeweils zwei Minuten Pause. Dann müssen wir weiter denn Haidmühle ist noch weit. Christas Schritt wird immer langsamer, immer eckiger. Sie beißt sich durch an diesem Nachmittag, erlebt im wahrsten Sinne des Wortes ihre Grenzerfahrung. „Das einzige was nicht weh tut“, so Christa am Ende der Wanderung „ist das linke und rechte Ohrläppchen“. Beim Abendessen kann sie bereits wieder lachen.

Ob sie morgen einen weiteren Tag auf Strecke geht steht in den Sternen, die bereits am Firmament leuchten, als ich mit Emma noch eine Runde über die Dorfstraße ziehe.

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