Wandertipp: Mehlinger Heide / Pfalz

Die kleine Schwester der Lüneburger Heide

Blick in die Mehlinger Heide

Wogendes Gras, leuchtendes Heidekraut und weidende Schafe: die Lüneburger Heide zählt zu den schönsten Landschaften Deutschlands. Kaum zu glauben, dass sich in unmittelbarer Nähe von Kaiserslautern eine weitere imposante Heidelandschaft befindet. Das Gebiet der Mehlinger Heide, das früher als Truppenübungsplatz gedient hat, ist nach der Lüneburger Heide die zweitgrößte Heidelandschaft Deutschlands. Mit insgesamt 400 ha wurde die Mehlinger Heide 2001 zum Naturschutzgebiet ausgewiesen.

Der jüdische Friedhof am Rande der Heidelandschaft

Wir beginnen unsere Heidewanderung am Parkplatz „An der Heide“ im Gewerbegebiet Mehlingen, direkt an einem kleinen Waldstück. Ein breiter Asphaltweg führt von dort über die Autobahn A63. Wenige Augenblicke später erreichen wir einen alten jüdischen Friedhof, der 1830 angelegt worden ist.
Gleich hinter dem Friedhof kommen wir zum nördlichen Eingang der Heidelandschaft. Eine Übersichtstafel erläutert das Naturschutzgebiet. Nachdem wir den Wald verlassen haben, befinden wir uns in einer anderen Welt. Die Heidelandschaft, ein Mosaik aus Sandflächen, Heidekraut, kleinen Tümpeln, Gebüschen und Wäldern erinnert in ihrer Kargheit an eine Steppenlandschaft.
Es gibt mehrere Möglichkeiten die Mehlinger Heide zu durchwandern. An diesem heißen Juli-Sommertag entscheiden wir uns zunächst den Hauptweg Richtung Pavillion zu nehmen. Der Weg besteht abwechselnd aus feinem rot-braunen, teilweise tiefem Sand und aus felsigem Bundsandsteinuntergrund.
Emma, meine Beaglehündin sprintet durch den Sand und fühlt sich hundewohl. Meine Wanderfreundin Marianne, die für einige Tage aus dem hohen Norden Deutschlands, ins Saarland gekommen ist, begleitet mich an diesem Morgen. Als die
Heidelandschaft plötzlich vor uns liegt sprudelt es aus ihr heraus: „Es ist wie Lüneburger Heide, das einzige was fehlt sind die für die Lüneburger Heide typischen Heidschnucken.“
Heidschnucken dienen in der Lüneburger Heide als vierbeinige Landschaftspfleger. Durch ihren ständigen Verbiss von aufkommenden Gehölzen, Gräsern und dem Heidekraut bleibt die Heide kurz und der nährstoffreiche Boden bleibt erhalten.
Auf einer Schautafel lesen wie später, dass die unzähligen Heidesträucher hier durch „Schoppern und Plaggen“ kurz gehalten werden. In der jahrhundertealten Heidebauernwirtschaft der Lüneburger Heide war das Entfernen der Rohhumusauflage ein elementarer Bestandteil der Landnutzung. Mit der so bezeichneten Plaggenhaue, einer speziellen Hacke, wurden die Rohhumusschicht und die durchwurzelte Mineralbodenschicht abgeschält. Die gewonnenen Heideplaggen wurden als Stalleinstreu genutzt. Durch diese Maßnahme erhielt das Heidekraut günstige Keimungsbedingungen und es konnten sich wieder Reinbestände ausbilden. Es dauerte Jahrzehnte bis die Arbeit des „Plaggens“ erneut vorgenommen werden musste.
In der Mehlinger Heide geschieht diese Arbeit in erster Linie durch das „Schopperverfahren.“ Während beim Plaggen Mineralbodenanteile und Humusanteile miteinander vermischt werden, wird beim Schoppern weitgehend mineralbodenfreies Material gewonnen, da die Arbeitstiefe etwas geringer als beim Plaggen ist. Diese Methode ist allerdings nur bei Rohhumusauflagen bis drei Zentimeter und wenig vergrasten Flächen einsetzbar. Auf den geschopperten Flächen stellt sich bereits nach einem Jahr eine neue Heidevegetation ein.

An jeder Wegkreuzung sind Ruhebänke aufgestellt

Am gesamten Wegverlauf sind Ruhe- und Rastbänke aufgestellt, die nach allen Himmelrichtungen ausgerichtet sind, um die Heidelandschaft intensiv zu genießen.
Wir sind weiterhin auf dem Weg zum überdachten Pavillion. Dahinter befindet sich eine Aussichtsplattform mit einem filigranen, weit in die Höhe reichenden Kreuz. Von der Aussichtsplattform kann das zweitgrößte Heideareal Deutschlands gut überschaut werden. Am Horizont bleibt uns die Weitsicht verweht. Der Donnersberg, „der König der Nordpfalz“, wie er bezeichnet wird, überragt mit seinen 687 Metern seine Umgebung um durchschnittlich 300 Meter.
An der Plattform begegnet uns Gabriele aus Kaiserslautern. Auf leisen Sohlen mit Kamera und Teleobjektiv streift sie an diesem sonnenverwöhnten Tag mit einem besonderen Ziel durch die Heide. „Nur an heißen Tagen zeigt sich die Gottesanbeterin, ich hoffe sie heute vor die Linse zu bekommen“, erzählt sie uns.
Die Mehlinger Heide bietet Lebensraum für viele seltene Tierarten. Die Gottesanbeterin bleibt uns an diesem Morgen verborgen, ebenso der Ziegenmelker. Das Gefieder des Ziegenmelkers ist der Musterung von Rinde nachempfunden was für eine ausgezeichnete Tarnung sorgt. Außerdem startet der Ziegenmelker seine Futtersuche erst in der Dämmerung oder nachts. Er baut kein Nest, sondern legt seine Eier direkt auf den trockenen Sand oder ins Moos.
Die Mehlinger Heide gehört zu den fünf wichtigsten Brutgebieten der Heidelerche. Der weiche Sandboden bietet den Wildbienen ideale Bedingungen, um Brutröhren anzulegen. Die Nesteingänge kann man überall an den Wegen finden. Der Sandlaufkäfer, die blauflügelige Ödlandschrecke sowie der Argus-Bläuling sind weitere Tierarten, die ideale Bedingungen im großen Heidegebiet vorfinden.
Nachdem wir die A63 ein zweites Mal überquert haben, biegen wir links ab und folgen der Route über den Heideerlebnispfad. Wir gelangen zu einem Fernrohr, das weite Blicke über die Heide ermöglicht. Auf weiteren Schautafeln und Infostationen am Wegesrand werden wir über das Leben der Heidebewohner informiert.

Als wir die Heide verlassen, erinnern wir uns an den deutschen Journalisten und Schriftsteller Hermann Löns (1866-1914) der als Natur- und Heimatdichter bekannt wurde und dessen Landschafsideal die Heide war. Ich bin überrascht, als meine Begleiterin Marianne die ersten beiden Strophen des Heidegedichts von Hermann Löns zitiert:

Typisch für Heidelandschaft: Heidesand

„Über die Heide“:

Über die Heide sind wir gegangen,
Und die Heide war blütenleer,
Goldene Käfer flogen schimmernd
Auf dem Sande vor uns her.

Alle Fuhrenzweige blühten,
Und die Heidelerche sang
Aus der wolkenlosen Höhe
Süß zu unserm Heidegang.

Tour kompakt:

Anspruch: leicht
Strecke: 3-7 Kilometer
Charakteristik: Je nach selbst ausgesuchter Weglänge hat die Tour eher den Charakter eines Spazierwanderweges durchs ausgedehnte, fast flache Heidegebiet.
Höhendifferenz: 92 Meter
Gehzeit: 1-2:30 Stunden
Startpunkt: Parkplatz der Firma Becker in der Straße „An der Heide“
Anfahrt mit dem Auto: Von Saarbrücken über die A6 nach Kaiserslautern, anschließend die A63 Richtung Mainz, Ausfahrt Sembach, weiter über die B40 nach Mehlingen und dort rechts ins Gewerbegebiet „Auf der Heide“.
Parken: In der Straße „An der Heide“ im Gewerbegebiet Mehlingen
Anfahrt mit Bahn oder Bus: Mit der Bahn bis zum Bahnhof Kaiserslautern, dort weiter mit dem Bus bis Mehlingen.
Einkehren: Im Gewerbegebiet von Mehlingen bieten sich einige Einkehrmöglichkeiten
Weitere Informationen: Tourismusbüro Enkenbach-Alsenborn Tel: 06303-913-120 / -168 / -147 oder per Mail: tourismus@enkenbach-alsenborn.de

TIPP: Von Ende August bis Ende September zeigt sich die Heidelandschaft in ihren schönsten Farben.

Nachzulesen auch im Wochenmagazin FORUM, Ausgabe 8. September 2017

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