Gefährlicher Abstieg nach Griesen
Garmisch-Partenkirchen – Griesen / 08.10.2010 / 202. Tag
Mal zeigt sie sich im gleißenden Morgensonnenlicht, mal verhüllt sie sich in dichten Nebelbänken. Die Zugspitze ist mit 2964 Metern der höchste Berg Deutschlands. Gestern durfte ich dort bei äußerst angenehmen Temperaturen eine fantastische Fernsicht genießen. Heute heißt es wieder Abschied nehmen.
Der Weg von Garmisch-Partenkirchen bis zum türkisfarbenen Eibsee unterhalb der Zugspitze dauert einige Stunden. Auf meiner Wanderstrecke zum See bin ich meist in Sichtweite der Gleise der Zugspitzbahn. Über Rieß und Obergrainau wandere ich mit Emma entlang sattgrüner Wiesen. Die weidenden Kühe mit ihren Glocken verleihen dem Tag Festtagsstimmung. Noch liegt der Eibsee im dichten Nebel. Es ist kalt am Wasser während wir entlang des Rundwanderweges um den See wandern. Ab und an tauchen Sonnenstrahlen plötzlich ins Wasser, dann sind sie wieder verschwunden und der See verschwindet ebenfalls gänzlich im Nebel. Dann wird der Nebelschleier wieder zur Seite geschoben, eine kleine Insel im See taucht auf, im glasklaren Wasser spiegelt sich der Gipfel der Zugspitze. Grandiose Bilder, nur für mich und Emma inszeniert. Emma schmeckt das kalte Wasser des Sees. Als die Sonnenstrahlen endlich den Nebelschleier vertrieben haben leuchtet das Herbstlaub in den prächtigsten Farben. Wir verabschieden uns von der Zugspitze und wandern hinter dem See in dichtem Laubwald Richtung Westen. Ein Hinweisschild Richtung Griesen mahnt zur Vorsicht: „Griesen ca. 2h, nur für Geübte“. Das Hinweisschild hat untertrieben. Der ungepflegte Wanderweg ist nicht ungefährlich und fordert pausenlos höchste Aufmerksamkeit und starke Nerven.
Der Grenzverlauf zwischen Österreich und Deutschland ist nicht mehr erkennbar. Statt Grenzpfählen haben Schüler der Berufsfachschule für Holzbildhauer des Bezirks Oberbayern eine „Stelenstraße“ entworfen. Sie gehört zum Projekt „Grenzenlos“ der Euregio Zugpsitze/Wetterstein-Karwendel. Zwölf Stelen aus Lärchenholz markieren ehemalige Grenzübergänge und symbolisieren durch ihre Form und Farbgestaltung neue und alte grenzüberschreitende Verbindungen. Eine der fast fünf Meter hohen Stelen steht am Ortseingang von Griesen.
Das Grenzstüberl in Griesen ist geöffnet. Traudl ist 1982 nach Griesen gekommen, um das Stüberl zu übernehmen. Anfangs wollte sie gleich wieder weg. Es liegt schon etwas abseits von allem, erzählt sie mir. Mein Haferl Kaffee trinke ich mit Udo Grieshaber. Er will wissen wo ich her komme, und wo ich hin will. Ah, sagt er, Völklingen kenne ich. In Saarbrücken bei den Stadtwerken und auf der Völklinger Hütte hat er Anfang der achtziger Jahre Kabel für Strommasten verlegt. Er war Monteur bei einer Firma aus Köln. Einer seiner Kollegen war aus Losheim, aus Losheim am See, fügt er noch hinzu und sein Autokennzeichen MZG weiß ich auch noch.
Udo Grieshaber dachte, die alte Hütte sei abgerissen worden. Ich erzähle ihm vom Weltkulturerbe Völklinger Hütte und der Keltenausstellung, die bald beginnen wird. Das wäre ja mal wieder ein Grund ins Saarland zu fahren, sagt er lachend zum Abschied. Vielleicht sehen wir uns dann dort wieder.