Eine Brücke die verbindet – 231. Tag

Zwischen Straßburg und Kehl durch die grenzüberschreitende Gartenschau

Meißenheim – Honau / 06.11.2010 / 231. Tag

Beim Start am Morgen befindet sich Meißenheim unter einer grauen Wolkendecke. Allerdings liegt die Temperatur immer noch im zweistelligen Bereich. Bis Kehl folgen wir der Beschilderung des Rheinaueweges, eine weiße Raute mit drei blauen Wellenlinien. Die Hafenanlagen auf der gegenüber liegenden Seite im Süden von Straßburg sind von Weitem zu erkennen. Mit Wind im Rücken haben wir nach etwa 20 Kilometern die Europa Stadt Kehl erreicht. 2004 feierten die Städte Kehl und Straßburg die erste grenzüberschreitende Gartenschau am Rheinufer. Entlang beider Rheinufer erstrecken sich mehr als 50 Hektar Parkfläche, die durch eine außergewöhnliche Brücke verbunden sind: die Passerelle des deux Rives. Die Brücke ist nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu überqueren und wurde von dem Pariser Architekten Marc Mimram so gestaltet, dass sich die beiden Stege der Brücke in der Mitte über dem Rhein treffen. Dort hat er eine 100 Quadratmeter große Plattform geschaffen als Treffpunkt auf der Grenze. Die beiden Brückenköpfe, auf denen die geschwungene Brücke steht, haben die Form von Schiffskörpern.

Vor wenigen Wochen war die Brücke beim Nato-Gipfel Treffpunkt der wichtigsten Politiker der westlichen Welt zu. Dort wo Barak Obama die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich überschritt, stehe ich jetzt mit Emma auf der Plattform mitten über dem Rhein – halb in Frankreich halb in Deutschland.

Wir spazieren Richtung Innenstadt, um uns ein Plätzchen für die Mittagsrast zu suchen. Auf dem Marktplatz ist neben einem Flohmarkt auch ein Bauernmarkt aufgebaut. An einen Verkaufstand für Liköre und Schnäpse entdecke ich eine Flasche mit der Aufschrift „Ziebärtle“. Ich denke an die vergangenen Tage und die Früchte der Wildpflaume am Kaiserstuhl. Abends wollte ich mit Rüdiger einen Schnaps aus diesen Früchten verkosten. Unser Gasthaus hatte leider keinen im Angebot. Obwohl die Last des Rucksacks drückt, kaufe ich eine kleine Flasche. Zu Hause werde ich mit Rüdiger auf unsere gemeinsamen Tage anstoßen.

Über die Parkanlage der Gartenschau verlasse ich Kehl. Am Rheinufer entdecke ich einen Sandsteinquader mit der Zahl 123, ein Relikt der alten badischen Rheinkilometrierung, die ihren Nullpunkt an der schweizerisch-badischen Grenze – heute Kilometer 170 – hatte. Unterhalb schlossen sich die bayrische, hessische und preußische Kilometrierung an. Heute hat der Rhein eine durchgehende Kilometrierung, die bei Rheinkilometer 0,000 in der Achse der Straßenbrücke Konstanz beim Ausfluss des Rheins aus dem Bodensee beginnt und mit Rheinkilometer 1034,5 bei der Mündung in die Nordsee endet.

Auf der alten Straßenbrücke über den Rhein stauen sich die PKW bis weit nach Kehl. Wir unterqueren die Brücke und lassen Straßen- und Baulärm hinter uns. Bis Honau haben wir noch zweieinhalb Stunden zu wandern. Auf der Höhe von Auenheim mündet die Kinzig in den Rhein. Am Honauer-Weiher beenden wir unsere Tour. Für morgen ist schlechtes Wetter angekündigt.

Den Abend verbringe ich bei Freunden. Rita und Engelbert Koch wohnen in Diersburg, einen Katzensprung von Meissenheim entfernt. Engelbert ist Grenzgänger unter Wasser. Er ist begeisterter Fotograph und findet die phantastischsten Motive in der Unterwasserwelt. Auch im Badesee bei Honau ist er schon oft getaucht, ebenso wie in vielen Rheinarmen und Seen, die ich bei meiner Wanderung noch von der Oberfläche sehe. Er zeigt mir unglaubliche Bilder von der Flora und Fauna seiner Heimatgewässer. Rita verwöhnt uns mit eine thailändische Currygericht, auch für Emma wird gekocht. In der Gemütlichkeit des Abends vergesse ich tatsächlich die beiden zu fotografieren! Nicht zu glauben.

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