Rheinhausen – Meißenheim / 05.11.2010 / 230. Tag
Emma blickt sich suchend um, so als wolle sie fragen: wo ist Rüdiger? Emma wandert gerne mit mehreren Wanderern. Zum einen ist sie beschäftigt das Rudel zusammen zu halten, zum anderen fällt bei den Pausen immer noch ein extra Happen für sie ab.
Rüdiger ist zurück in den Hunsrück gefahren. Mit Emma muss ich zunächst zurück zum Luitpold-Kanal und von dort einige Kilometer zum Rheinufer wandern. Von dort aus geht es fast nur noch geradeaus. Auf dem Weg bis nach Rhinau auf französischer Seite müssen wir zwei Kurven laufen. Dazwischen verläuft der Rhein auf über fünf Kilometern kerzengerade. Soweit kann ich nicht einmal sehen, der Weg scheint sich im Horizont aufzulösen.
Bis Rhinau begegnet mir niemand. Ich versuche mich abzulenken. Denke an schöne Tage und Stunden während meiner nun bereits siebeneinhalb Monate dauernden Deutschlandumrundung. Am Rheindamm wächst links und rechts in den Wiesen Thymian. Ich pflücke mir einige Blüten und inhaliere den Duft.
Emma trottet gelangweilt hinter mir her. Nicht einmal ein Stöckchen hat sich hierher verirrt. Ab und zu horcht sie auf, wenn Wildschwäne mit kräftigem Flügelschlag übers Wasser ziehen oder wenn wir kleine Entenfamilien am Rheinufer aufschrecken und sie mit lautem Geschnatter auf Wasser ziehen.
An der Fähre in Rhinau herrscht Hochbetrieb. Mit Futtermittel beladene Fahrzeuge wollen von Deutschland auf die französische Seite. Auf der Straße, die von Kappel am Rhein zur Fähre führt, ist ein regelrechter Stau entstanden.
Eigentlich wollte ich vor in Rhinau die Rheinseite zu wechseln, aber auf der anderen Seite ist der Weg genau so gestaltet wie in Deutschland. Eine lang gezogene Kurve folgt Rhinau und dann wieder eine endlose lange Gerade bis zum Horizont. Ich zähle die Schiffe die von Süden nach Norden fahren und die, die von Norden nach Süden unterwegs sind. Die meisten fahren von Norden nach Süden.
Ein Jogger überholt mich und grüßt, eine Familie mit drei Kindern kommt mir entgegen. Die Kinder ziehen ziemlich lange Gesichter. Wenn nach mehreren Kilometern eine Bank weit vor uns erscheint versuche ich abzuschätzen mit wie viel Schritten wir sie erreichen. Meine Schätzungen liegen immer falsch. Aber ich kann mich somit der Monotonie der Weggestaltung entziehen. Einige Male klingelt an diesem Tag das Handy – eine willkommene Abwechslung des Wanderalltags am Rhein.
Kurz vor Meißenheim verlasse ich das Rheinufer und wandere durch den Rheinauenwald nach Meißenheim. Die Temperatur steigt auch an diesem Nachmittag auf über zwanzig Grad. Wandern im November mit sommerlichen Temperaturen. Hoffentlich hält die angenehme Temperatur noch einige Tage an. Etwas mehr als zweihundert Kilometer muss ich mit Emma noch zurücklegen. Dann schließt sich der Kreis am Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Ich glaube zur Eröffnung der Keltenausstellung am 20. November bin ich zurück.
HEIMAT:
Unterwegs sein – von einem Ort zum anderen
laufen – sehen was auf der anderen Seite des Berges – der Grenze ist.
Und dann wieder heim kommen an einen Ort
an dem man sein kann und willkommen und geliebt ist,
das ist Heimat „dahoam sii“.
Leis